Wenn es um Aussehen und Körperbild geht, steckt unsere Gesellschaft leider voller Vorurteile. Einige sind hier aufgelistet und erklärt.
Vorurteil 1: Körperunzufriedenheit betrifft nur dicke Menschen.
Falsch! Wie zufrieden eine Person mit ihrem Körper ist, ist vollkommen unabhängig von ihrem Gewicht, ihren Körpermaßen oder ihrem Aussehen. Das Körperbild ist vielmehr eine innere Einstellung, die Menschen jedes Alters, jedes Gewichts und jedes Aussehens betrifft. Da wir uns meist selbst sehr kritisch betrachten, nehmen wir „Schwach- oder Problemstellen“ wahr, die anderen gar nicht auffallen. In unseren Köpfen formen wir ein Bild von uns selbst, das genau diese Stellen hervorhebt und unsere positiven Seiten ignoriert oder ihnen wenig Bedeutung beimisst. Ein Blick in den Spiegel oder auf ein Foto von uns scheint diese kritische Haltung immer wieder zu bekräftigen. Das führt dann beispielsweise dazu, dass sich eine – objektiv betrachtet – sehr schlanke Person immer noch zu dick fühlt oder jemand Minderwertigkeitsgefühle entwickelt, weil er/sie denkt, dass er/sie eine hässliche Nase habe.
Interessanterweise beweist auch die Forschung, dass insbesondere Menschen mit einem vollkommen normalen Körpergewicht sich selbst als zu dick einschätzen und unzufrieden mit sich sind. Das betrifft sogar schon Kinder und Teenager.
Vorurteil 2: Bodypositive Bewegungen richten sich gegen Sport.
Das stimmt nicht. Sport ist etwas Tolles und Gesundes, solange er Teil einer ausgewogenen Lebensweise ist. Durch Sport können wir lernen, was unser Körper in der Lage ist zu leisten. Selbst kleine Schritte sind super – das können wir ruhig mal wertschätzen, denn es ist nicht selbstverständlich, dass unser Körper uns so durchs Leben trägt.
Allerdings sollte Sport aus der Einstellung heraus gemacht werden, dass die Bewegung uns gut tut und uns beispielsweise dabei verhilft, nach einem langen Arbeitstag abzuschalten. Schlägt das Ganze jedoch in ein exzessives Verhalten um und ist eng mit dem Wunsch verbunden, einen „Idealkörper“ zu erreichen, sollten wir uns einmal selbst die Frage stellen, inwiefern dies noch für uns gesund ist und uns wirklich glücklich macht.
Fazit: Sport sollte Spaß machen und nicht in Druck oder Stress ausarten.
Vorurteil 3: Bodypositive Bewegungen halten Werbung mit schlanken Models für falsch.
Auch das ist so nicht richtig, schließlich gehören schlanke Körper genauso zu der reichen Vielfalt der menschlichen Schönheit wie alle anderen Körperformen.
In der bodypositiven Bewegung wird allerdings dazu aufgerufen, unsere Konzeption von Schönheit zu erweitern und diese nicht nur auf schlanke, muskulöse und ansonsten vollkommen makellose Körper zu reduzieren. Es geht vielmehr darum, Vielfalt zu zeigen, so wie sie auch in der Natur zu finden ist.
Denn künstlich idealisierte Körperdarstellungen können unsere Sicht dahingehend verzerren, dass wir denken, sie seien vollkommen normal. Wir schlussfolgern, dass auch wir so perfekt aussehen müssen, um überhaupt als schön oder attraktiv wahrgenommen zu werden. Da aber ein Großteil unserer Gesellschaft nicht fähig ist, ein solches Aussehen jemals natürlich zu erreichen, verstärkt dies unter Umständen ein negatives Körperbild.
Genauso werden bestimmte Eigenschaften oder Aussehen oftmals durch den Ausschluss aus der Werbung stigmatisiert, was weiterhin negative Gefühle hervorruft.
Dies alles sind wichtige Gründe dafür, weshalb es durchaus sinnvoll und relevant ist, verschiedene Körper in den Medien abzubilden und Stigmatisierung zu vermeiden.
Vorurteil 4: Menschen mit positivem Körperbild sollten sich nicht schminken, sondern natürlich schön sein.
Ob sich eine Person schminken möchte oder nicht, ist zu 100% ihre Entscheidung, unabhängig von ihrem Körperbild. Es ist absolut nichts dagegen einzuwenden, wenn sich jemand schminken möchte, denn dies kann ein Teil von self-care sein, also einer Art Ritual, in dem man einfach mal etwas für sich tut. Und das brauchen wir Menschen ganz dringend.
Sei es nun, sich nach dem Duschen etwas mehr Zeit zu nehmen, um den Körper einzucremen, die Nägel zu lackieren, eine Gesichtsmaske aufzulegen oder eben sich zu schminken – was auch immer uns gut tut, trägt zu unserer inneren Ausgeglichenheit bei.
Was man aber trotz allem anstreben sollte, ist, dass man sich auch ohne Make up in der eigenen Haut wohl fühlt und auch diesen Teil des Ichs akzeptiert und lieben lernt.
Vorurteil 5: Als Mensch mit positivem Körperbild muss ich mich mein Leben lang mit meinem Körper abfinden.
Ein positives Körperbild zu haben, bedeutet, seinen Körper in allen Lebenslagen so anzunehmen und zu lieben, wie er ist. Das bedeutet aber nicht zwingend, dass man die Hände in den Schoß legt und nichts mehr für sich tut. Ganz im Gegenteil sogar. Man investiert automatisch stärker in die Dinge, die einen glücklich machen und zu einem ausgeglichenen Lebensstil beitragen. Die daraus resultierende innere Zufriedenheit kann den Stress, den wir uns durch den Druck machen, perfekt aussehen zu wollen, ständig Kalorien zu zählen oder das Gefühl zu haben, Sport machen zu „müssen“, um abzunehmen, reduzieren. Eine Person, der das langfristig gelingt, strahlt von Innen heraus und gewinnt allein dadurch an Schönheit – uns zwar ohne Jojo-Effekt. Es gibt sogar wissenschaftliche Ansätze, die davon ausgehen, dass eine mit sich zufriedene Person automatisch irgendwann ihr individuelles Idealgewicht erreicht (man bedenke, dass dies bei jedem Menschen unterschiedlich ist und nicht auf eine bestimmte Kleidergröße und Körperform genormt ist!). Mit einem positiven Körperbild gewinnt man auch eine positivere Lebenseinstellung, da man im Reinen mit sich ist. Man lernt, den Körper für seine Leistungen und Eigenschaften wertzuschätzen, anstatt selbstkritisch und ironisch auf Äußerlichkeiten zu schauen. Kurzum: Es geht hier nicht darum, sich mit etwas „abzufinden“, sondern es dankbar anzunehmen.
Vorurteil 6: Wenn ich ein positives Körperbild habe, kann ich endlich essen, soviel ich möchte!
Bei einem positiven Körperbild geht es um eine ausgeglichene, gesunde Lebensweise, innerhalb derer wir uns so akzeptieren, wie wir sind. Dazu gehört, dass wir den Druck – vor allem den, der durch Medien und Werbung produziert wird – reduzieren.
Es gehört aber genauso dazu, dass wir wieder (er-)lernen, auf unsere natürlichen Instinkte zu hören, d.h. zu verstehen, wann wir hungrig und wann wir satt sind. Die meisten von uns haben diese natürlichen Instinkte irgendwann einmal verlernt. Und wenn man ständig von Botschaften umgeben ist, die dazu animieren wollen, mehr zu konsumieren und dabei auf clevere Weise mit dem „kleinen Schleckermäulchen“ in uns spielen, dann ist das gar nicht so einfach. Kommen dann noch auf der anderen Seite Bilder und Botschaften hinzu, die uns gleichzeitig suggerieren, dass wir bei allem Genuss und Konsum bitteschön noch gertenschlank und durchtrainiert aussehen sollen, sind Gewissensbisse und Schuldgefühle nach dem Essen vorprogrammiert. Ein Teufelskreis entsteht, innerhalb dessen die Gedanken häufig sehr extrem um Essen kreisen.Viele Menschen kennen das Gefühl, den ganzen Tag lang über Essen nachzudenken: Über das, was erlaubt ist und das, was verboten ist, über die Zubereitung, über den Zeitpunkt des Mahls, über die Inhaltsstoffe und Kalorien und natürlich darüber, wie man diese wieder loswerden kann… Emotionale Esser verbinden es zudem oftmals mit Gefühlen wie Belohnung oder Bestrafung, gestresste Menschen sehen Essen als Ventil gegen Stress und andere wiederum essen aus Frust heraus. Essen kann also schnell zum Zentrum des Lebens werden.
Ein positives Körperbild kann dabei helfen, unsere Beziehung zu Essen (und Bewegung) wieder harmonisch zu gestalten und Stress abzubauen, indem wir unserem Körper zum einen das geben, was er braucht und zum anderen negative Gefühle und Druck minimieren.Natürlich ist es möglich, dass unser Leben dann trotzdem noch immer stressige Phasen beinhaltet. Aber wenn wir den „Kampf“ gegen uns selbst nicht noch zusätzlich führen müssen und für genügend Ausgleich sorgen, weil wir uns wieder mehr auf die Dinge konzentrieren, die uns gut tun, dann sind diese stressigen Phasen sicherlich einfacher zu händeln.
Und das Gute an einem ausgeglichenen Lebensstil ist, dass wir die Chance haben zu entdecken, dass das Leben aus weit mehr als nur aus Essen oder Gedanken rundum Kalorien/ Diät/ Gewicht/ Punktezählen oder ähnlichem besteht. Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns die Zeit nehmen einmal zu reflektieren, was uns gut tut. Die Liste kann ruhig lang und umfangreich sein, denn es geht schließlich um ein ausgeglichenes, vielseitiges Leben.
Vorurteil 7: Wenn ich einmal gelernt habe, meinen Körper zu akzeptieren, werde ich nie wieder unzufrieden mit mir sein.
Wenn du das schaffst, dann bist du absoluter Master! Allerdings ist es zunächst realistischer davon auszugehen, dass du auch trotz eines gefestigten positiven Körperbildes herausfordernde Momente erleben wirst, in denen du drohst, in alte Muster (Gedanken & Verhalten) abzurutschen. Das ist aber nicht schlimm, wenn du die Momente für dich reflektierst, innehältst, dir keine Vorwürfe machst und dich darauf besinnst, wie du gelernt hast, deinen Körper anzunehmen und zu lieben. Körperselbstliebe ist zwar kein Spaziergang, aber eine Reise mit bezauberndem Ausblick, für die es sich lohnt, durch Höhen und Tiefen zu gehen, solange man das Ziel nicht aus den Augen verliert. Wie du damit beginnen kannst, erfährst du hier.